Auswandern mit Permakultur ist für viele ein sicherlich spannendes Thema. Ich kenne einige Menschen, die sich aufmachen – nach Portugal, Spanien oder auch Osteuropa. Dieser Beitrag wurde von Andreas vom Hof Dupa Gard verfasst, der nach Rumänien ausgewandert ist, um dort einen Permakultur-Selbstversorgerhof zu gründen. Seine Geschichte und die schönen Fotos haben mich persönlich sehr beeindruckt. Viel Freude beim Lesen!
Wenn ich aufstehe und die erste Ladung Holz aus dem kleinen Lager vor unserem Blockhaus hole, versteckt sich die Sonne noch hinter dem Bergmassiv am Ostende unseres Tales. Die Luft ist eiskalt und klar, ich spüre wie sich die messerscharfe Kälte ihren Weg hinunter in meine Lungen bahnt und sie mit frischem Sauerstoff füllt. Zurück im Haus wabert der erfrischende Duft des Filterkaffees langsam von der Küche durch die übrigen Räume unseres kleinen Zuhauses, und verbindet sich zusammen mit dem erdig-rauchigen Geruch des immer heller lodernden Kaminfeuers zu einem unverkennbaren Gemisch.
Wie ich diese Morgenrituale liebe!
Auswandern mit Permakultur – nach Transsilvanien
Seit 2015 gibt es Dupa Gard, das gemeinsame Projekt meiner siebenbürgischen Frau Ioana und mir, Andreas. Kurz nachdem wir uns dazu entschieden hatten das seit Jahren brachliegende Land ihrer Großeltern zu gestalten, bauten wir das Fundament für unser neues Zuhause. Sprichwörtlich, und auch praktisch: es dauerte einige Jahre bis unser neues Zuhause in Form eines im traditionellen Stil und nach nachhaltigen Kriterien erbauten Blockbohlenhauses fertig war; und noch etwas länger bis wir uns entschlossen uns komplett auf diese Zukunft einzulassen.
Für mich bedeutete das, meiner Heimat in Franken teilweise den Rücken zu kehren. Keine leichte Entscheidung, aber Zuhause hatte ich nie diese wilde, ursprüngliche Natur gefunden, wie ich sie hier in den Bergen Transsylvaniens lieben lernte. Selbst nach mehreren Jahren in unserem kleinen Tal, schaue ich noch regelmäßig ungläubig zu diesem klaren Sternenhimmel hinauf, wo selbst die Milchstraße deutlich zu erkennen ist.
Inzwischen betreiben wir einen erfolgreichen, kleinen Gästebetrieb mit Tiny Houses und Glamping Zelten, nehmen jede Saison mehrere Freiwillige auf, und arbeiten daran unsere Vision eines nachhaltigen (bestenfalls sogar regenerativen) Lebensstils zu verwirklichen. Inklusive des großen Ziels, uns möglichst autark und als Selbstversorger zu versorgen. Dabei sind wir nicht dogmatisch, folgen jedoch wo immer möglich unseren ethischen Leitlinien. Erst vor wenigen Jahren fiel mir schließlich auf, dass meine Prinzipien und Ansätze unglaublich viele Schnittmengen mit der Permakultur aufweisen. So begann mein Abenteuer als Permakultur Designer.
Im Karpatenbogen
Bereits zu Beginn des Projektes Dupa Gard waren Elemente aus der Permakultur eingeflossen, jedoch eher wahllos und zufällig. Nach einigen Wintern intensiven Lesens und Fortbildens (inklusive des Erwerbs eines PDC, was ich jedem nur empfehlen kann), nahm das Ganze jedoch auch eine stimmige Gesamtform an. Die bereits bestehenden Randzonen zur Brennholzversorgung wurden um neu angelegte Waldgärten erweitert, der Gemüsegarten wurde symmetrisch umgestaltet und mit einem neuen Fokus auf mehrjährige Kulturen angelegt, Zahlreiche Prozesse wurden den natürlichen Gegebenheiten besser angepasst und Standortfaktoren berücksichtigt.
Es entstand ein kleiner Werkschuppen aus Restmaterialien einer alten Scheune und benachbarter Bäume, ein Brennholzlager, und unten im Tal wurde unser Campingplatz um eine Komposttoilette, zahlreiche Bäume, und einen weiteren Gemüsegarten reicher.
Während unsere Besucher anfangs ausschließlich wegen der – zugegebenermaßen atemberaubenden – Natur in unserem Tal kamen, kommen sie zunehmende auch um Ioanas Ausführungen zur lokalen Kultur zu lauschen. Wo sonst in Europa leben die Menschen noch in Subsistenzwirtschaft, seit Jahrhunderten im Einklang mit der umgebenden Natur?
Und erhalten sie nicht nur, sondern tragen durch sanfte Weidewirtschaft sogar essentiell zu ihrer Biodiversität bei? Das merkt man auch dem Essen an, das wir unseren Besuchern bieten: frische Milch, Käse und Eier von unseren Nachbarn, Gemüse aus dem Permakulturgarten und Fleisch nur selten, dann aber hausgeschlachtet und in solch ausgezeichneter Qualität, dass man sich nur schwer überwinden kann beim nächsten Trip zum Discounter das minderwertige Massentierhaltungsfleisch auch nur anzusehen.
Auswandern mit Permakultur | Abundance – Leben im Überfluss
Inzwischen kommen aber vor allem viele junge Menschen gezielt, um zu sehen wie wir leben. Ist es möglich autark zu leben, und dennoch nicht auf den Großteil des Luxus eines modernen Lebens zu verzichten? Ist die Lebensqualität so tatsächlich um so viel höher? Was bedeutet es ganz praktisch, Permakultur umzusetzen? Wie viel Zeit nimmt Selbstversorgung in Anspruch? Ich, Andreas, habe es mir zur Aufgabe gemacht, möglichst vielen Menschen dieses Lebensmodell schmackhaft zu machen. Einerseits geschieht dies mit unserem Freiwilligenprogramm, wo wir gegen einen Unkostenbeitrag Volunteers aufnehmen, die durch Mitarbeit unser Projekt ganz intensiv kennenlernen können.
Andererseits bieten wir (zusätzlich zu den Wohneinheiten am Campingplatz) während der Sommermonate unser eigenes Blockbohlenhaus zur Miete an. Hier können unsere Gäste ganz praktisch erfahren, wie so ein Leben aussehen kann. Strom nur vom eigenen Solarsystem, Wasser aus der eigenen Quelle, Essen aus dem Garten. Zudem wollen wir in Zukunft auch in kleinen Workshops gezielt Thematiken zur Permakultur und Selbstversorgung aufgreifen. Denn: ein nachhaltiges Leben im Einklang mit der Natur ist nicht nur möglich, sondern kann mit der richtigen Planung und einer kleinen Portion Idealismus sogar um einiges erfüllender und schöner sein, als ein Alltag im Hamsterrad Richtung Klima- und Sinnkrise.
Alle Bilder in diesem Beitrag stammen von dupa-gard.com