Durch den massiven Einsatz von synthetischen Dünge- und Spritzmitteln gleichen viele Böden heute eher einer sterilen Klinik als einer lebendigen Landschaft. Mit Komposttee kann dem Boden wieder Leben zugeführt und die Nährstoffaufnahme der Pflanzen verbessert werden. Denn die ständige Gabe von synthetischen Dünge- und Spritzmitteln vermindert das Bodenleben Jahr für Jahr. Pflanzen benötigen aber eine vielfältige Bodenfauna und -flora, um die bereitgestellten Nährstoffe überhaupt aufnehmen zu können. Für viele Landwirte erhöht sich so jedes Jahr die Menge der Nährstoffgabe und das treibt natürlich die Kosten in die Höhe. Mit Komposttee wird dieser Teufelskreis wieder umgekehrt.
Beim Online-Seminar aufbauende Landwirtschaft hat die Landwirtin und Permakultur-Designerin Viviane Theby über die Herstellung des Komposttees gesprochen und wichtige Hinweise gegeben. Diese möchte ich Dir in diesem Artikel näherbringen. Außerdem bin ich bei meinen weiteren Recherchen auf die Agrarwissenschaftlerin Dr. Ingrid Hörner gestoßen, die viel Grundlagenarbeit zum Thema Komposttee geleistet hat.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Komposttee?
Komposttee ist eine Flüssigkeit, die hauptsächlich aus Wasser besteht und mit Zugabe von frischem Kompost und Zuckersirup hergestellt wird. Bei der Herstellung von Komposttee schaffe ich also einen flüssigen Auszug aus meinem frischen Kompost und unterstütze die Mikroorganismen mit dem Zuckersirup bei der Vermehrung. Das Ergebnis ist ein Dünger der etwas anderen Art: Komposttee düngt den Boden nicht direkt, aber beliefert ihn mit wichtigen Mikroorganismen, die die Düngeraufnahme der Pflanzen verbessert.
Verschiedene Kulturen – verschiedene Mikroorganismen
Eine der Kernaussagen von Viviane Theby im Vortrag war, dass unterschiedliche Kulturen, also Getreide, Gemüse usw. auch unterschiedliche Mikroorganismen beherbergen. Wenn ich also Gemüse anbauen will, sollte ich in meinem Boden ein Verhältnis von Bakterien zu Pilzen herstellen, das den Gemüseanbau unterstützt. In der folgenden Tabelle findest du eine Übersicht über die Verhältnisse von Bakterien zu Pilzen bei verschiedenen Anbauformen:
Anbauform | Verhältnis Pilze zu Bakterien |
Pures Ausgangsmaterial | 100% Bakterien |
„Unkräuter“, Pioniergewächse | PB-Verhältnis 0,1:1 |
Einjährige Pflanzen | PB-Verhältnis 0,3:1 |
Gemüse | PB-Verhältnis 0,75:1 |
Weide, Getreide | PB-Verhältnis 1:1 |
Büsche | PB-Verhältnis 2:1 bis 5:1 |
Bäume | PB-Verhältnis 1000:1 |
In diesen Verhältnissen liegt schon der erste Knackpunkt: Je nachdem welches Verhältnis ich herstellen will, muss ich ja den Komposttee so ansetzen, dass zum Beispiel etwas mehr Bakterien als Pilze darin enthalten sind, wenn ich Gemüse anbauen möchte. Für den Hobbygärtner ist es kaum möglich, das Verhältnis von Pilzen und Bakterien im Kompost und damit auch im Komposttee genau zu kontrollieren. Frau Theby empfiehlt aber für die ungefähre Bestimmung ein Mikroskop, das um die 200€ kostet und mit dem man feststellen kann, welche Mikroorganismen im Kompost enthalten sind.
Die vielfältigen Wirkungen von Komposttee
Komposttee verbessert die Bodenstruktur und die Wasserhaltefähigkeit des Bodens. Außerdem sorgt er durch die höhere Masse an Mikroorganismen im Boden für eine steigende Pflanzengesundheit. Die Agrarwissenschaftlerin Dr. Ingrid Hörner beschreibt in einem sehr ausführlichen Handout über die Herstellung von Komposttee folgende Feldbeobachtungen bei der Gabe von Komposttee:
- „Reduktion des Wasserverbrauchs um bis zu 50% in zwei Jahren
- Höhere Wasserspeicherfähigkeit durch bessere Lebendverbauung des Bodens.
- Größeres Wurzelwachstum und dadurch bessere Stresstoleranz bei Trockenheit
- Mehr Symbiosen und aktive Kommunikation zwischen Pflanze und Bodenleben
- Schnellere Umwandlung von Pflanzenresten in Humus
- Abbau von Verdichtungen – Verbesserung des Bodenaggregatszustands
- Die ernährungsphysiologische Qualität von pflanzlichen Produkten wird erhöht.
- Der Kreislauf der Natur wird wieder belebt (Nahrung)“ (S.11)
Durch die vielen positiven Effekte berichten viele Landwirte, dass von außen zugekaufte Chemische Dünge- und Pflanzenschutzmittel reduziert werden können. Und das schlägt sich natürlich in den Betriebskosten nieder. Laut Dr. Ingrid Hörner wurden im ersten Jahr bereits Kostensenkungen von 20% im Bereich der künstlichen Dünge- und Pflanzenschutzmittel berichtet.
Komposttee konkret im Einsatz
In der Farmervereinigung ZZ2 in Südafrika wird auf einer Fläche von 200.000 ha seit über 10 Jahren Komposttee eingesetzt. Hierzu werden wöchentlich 70.000l Komposttee hergestellt, also in 70 Großen IBC-Containern mit zentraler Belüftung. Für mich ist dieses Beispiel ein sehr realer Beweis für die Wirksamkeit des Komposttees, denn auf dieser Fläche wäre es ökonomisch eine Katastrophe, wenn der Komposttee nicht funktionieren würde. Auf der 200.000 ha großen Fläche werden unter anderem Tomaten, Mangos, Avocados, Äpfel, Birnen und Zwiebeln produziert. Aus der Farmervereinigung ist auch eine Anbaumethode mit dem Namen „Natuurboerdery“ entstanden – es gibt zwar keine Bio-Zertifizierung, jedoch ist es eine Form des naturnahen, konventionellen Anbaus.
Die Herstellung von Komposttee
Nach dem Vorgeplänkel geht’s jetzt ans Eingemachte: Für die Herstellung von Komposttee brauchst du:
- eine Teichbelüftungspumpe
- Ein regelbarer Heizstab, Leistung von ungefähr 125W
- 100l Regenwasser
- 300g Wurmkompost oder gut verrotteter Kompost
- 400ml Zuckerrübensirup
Für die Herstellung das Regenwasser in deinen Behälter füllen und den Heizstab hineingeben. Die Temperatur auf 25°C einstellen, eine Temperaturvarianz von +/- 3°C ist in Ordnung. Die Leistung der Teichbelüftungspumpe sollte der Wassermenge im Behälter angepasst werden, am besten stellst du sie auf 80-100l pro Minute ein. Danach alle Zutaten in den Behälter geben und für 2-3 Tage stehen lassen. Wenn du den Komposttee mit einer Spritze ausbringen willst, gibst du den Kompost am besten in einem durchlässigen Netz, zum Beispiel in einem Nussmilchbeutel in den Behälter. Nach der Vermehrung der Mikroorganismen kannst du die Pumpe ausschalten und den Tee innerhalb von vier Stunden ausbringen.
Den Komposttee ausbringen – was es zu beachten gibt
Vor dem Ausbringen solltest du den Komposttee noch einmal verdünnen. Wie stark du ihn verdünnst hängt davon ab, wie du ihn anwenden möchtest. Als Blattspritzung bietet sich eine Verdüngung von 1:10 an, bei der Bodengabe von 1:5. Bei der Blattspritzung ist zu beachten, dass du sie nicht auf erntereife Früchte anwenden solltest und die Behandlung sollte spätestens 3 Wochen vor der Ernte beendet werden. Bei Salaten und Blattgemüsen solltest du aus hygienischen Gründen immer die Bodenbehandlung wählen. Für beide Anwendungen gilt laut Dr. Ingrid Hörner, dass du den Komposttee vor allem auf feuchte Bestände und im Idealfall kurz vor dem Regen ausbringen solltest. Bei der Blattbehandlung werden 5 Anwendungen mit jeweils 0,5l Konzentrat auf 100m² empfohlen und bei der Bodenbehandlung 5 Anwendungen mit jeweils 2l Konzentrat auf 100m². Dr. Hörner gibt aber auch noch den guten Hinweis, dass der Komposttee nicht überdosiert werden kann. Stärkere Konzentrationen schaden also nicht.
Fazit
Für mich ist der Komposttee eine sehr spannende „Düngemethode“, die eigentlich nur die Boden- und Pflanzengesundheit verbessert und gar nicht richtig düngt. Die Herstellung erscheint mir relativ einfach und ich bin gespannt, es selber in meinem Garten auszuprobieren. Einige der Fotos von Viviane Theby waren schon sehr beeindruckend, ihre Gemüse und Salate sahen mit der Kompostteegabe einfach wesentlich lebendiger und auch Größer aus. Überzeugt hat mich aber die Anwendung des Komposttees im großen landwirtschaftlichen Betrieb in Südafrika.
Wenn die Methode nicht wirklich funktionieren und Kosten einsparen würde, käme sie garantiert nicht auf 200.000 ha in einem profitorientierten Unternehmen zum Einsatz. Unbefriedigend finde ich die Bestimmungsmethode mit dem Verhältnis von Pilzen zu Bakterien im Kompost. Ich fände es total sinnvoll, den Komposttee sehr genau an die von Frau Theby genannten PB-Verhältnisse im Boden bei unterschiedlichen Anbaukulturen anzupassen. Leider bin ich bei meinen Recherchen auf keine guten und sicheren Methoden gestoßen, um den Komposttee oder auch den Kompost entsprechend vorzubereiten oder zu steuern. Deshalb habe ich Frau Theby angeschrieben, um mehr darüber zu erfahren.
Buchempfehlungen
- Compost Teas for the Organic Grower. Eric Fisher, 256 Seiten für 20€*
- Compost Tea Making: For Organic Healthier Vegetables, Flowers, Orchards, Vineyards, Lawns. Marc Remillard, 120 Seitne für 16€*
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Titelbild: Bild von Andrea Stöckel-Kowall auf Pixabay